Endlich fertig mit Aufräumen - was ist dein Ordnungs-Ziel?
Wenn du mit dem Aussortieren und Aufräumen anfängst, hast du wahrscheinlich irgendeine Art von konkretem Ziel:
Den Stapel Kartons in der Zimmerecke loswerden.
Den Kleiderschrank ausmisten.
Das Bücherregal sortieren.
Vielleicht hast du ein Bild im Kopf, wie es aussehen soll und träumst davon, wie es wird, wenn es endlich so weit ist.
Du brauchst ein Ordnungs-Ziel
Das ist gut, denn ohne Ziel anzufangen ist wenig sinnvoll. Das Ziel sagt dir, wohin die Reise gehen soll. Deswegen brauchst du irgendeine Art von Ziel.
Meiner Erfahrung reicht das aber nicht, denn – und das ist die harte Wahrheit – du wirst das Ziel nie wirklich erreichen.
Warum du dein Ziel nicht erreichen wirst
Ein Ziel ist statisch, ein Punkt, eine Linie, ein Zustand. Du bewegst dich – wie bei einem sportlichen Wettkampf – darauf zu, bis du es erreicht hast und dann lässt du dich feiern und streckst erschöpft alle Viere von dir, weil du dich so doll angestrengt hast. Ziel erreicht - super gemacht!
Was aber, wenn du das Ziel nie erreichst? Nie erreichen kannst, weil sich deine Umstände geändert haben oder wenn du unterwegs einen Umweg oder eine Pause machen musst? Jeder Schritt, der nicht direkt in Richtung Ziel führt, fühlt sich dann schnell nach Versagen an.
Der Erfolg ist schwarz und weiß – entweder du schaffst es zum Ziel oder nicht.
Endlich fertig mit Aufräumen?!
Und was kommt nach der Ziellinie? Erstmal nichts, das Ziel ist ja erreicht. Da hast du die eine Pause verdient!
Wenn es dann weitergehen soll, muss ein neues – oft schwierigeres – Ziel her und du bist wieder im Kampf zwischen Sieg und Versagen angekommen.
Ok, das klingt vielleicht etwas dramatisch.
Aber wegen diesem „alles oder nichts“, diesem „geschafft oder versagt“ mag ich große Ziele beim Organisieren nicht.
Ein Zuhause verändert sich ständig
Denn erstens ist man natürlich nie fertig. Ein Zuhause oder ein Büro verändern sich ständig. Bedürfnisse oder Aufgaben kommen und gehen und damit die Anforderungen an die Dinge und die Organisation. Wenn du dich darauf ausruhst, „fertig“ zu sein wird schon bald das Chaos wieder kommen oder die Ordnungslösung nicht mehr 100% passen.
Was heißt beim Aufräumen schon „fertig“?
Und zweitens, was heißt im Zusammenhang mit Ordnung schon „fertig“? Wenn du nur noch x Kleidungsstücke hast? Wenn alles perfekt eingeräumt ist? Wenn jedes Buch nach Regenbogenfarben sortiert ist?
In der Theorie klingt das alles vielleicht gut, im echten Leben gibt es keinen endgültigen, fertigen Zustand, keine eindeutige Ziellinie.
Beispiel Papierkram
Ein logisches Ziel wäre es, alle Blätter einzusortieren und digital zu sichern. Klar, damit bist du irgendwann fertig. Aber schon am nächsten Tag liegt neue Post im Briefkasten, die einsortiert werden möchte. Und das hört nie auf.
Motivation statt Ziel
Deswegen spreche ich lieber von Motivation oder auch von deinem „Warum“.
Denn deine Motivation geht tiefer als ein Ziel. Sie ist ein Gefühl in dir, dem du folgen kannst, auch wenn sich die äußeren Umstände ändern. Deine Motivation kennt kein Gewinnen oder Verlieren, sie ist da, auch wenn es mal weniger schnell geht, als du es gerne hättest.
Motivation als Begleiter
Auf das Papierkram-Beispiel bezogen, könnte deine Motivation „Sicherheit“ sein: Du möchtest keine Fristen verpassen, alle wichtigen Unterlagen sicher aufbewahren und bei Bedarf ohne große Suchaktionen finden.
Das Sortieren und Organisieren ist der Weg dahin und umfasst alle Papiere, die du schon hast und auch alle, die noch kommen. Indem du dir klar machst, dass deine Motivation dauerhaft ist und keine Ziellinie kennt, wird sie zu deinem Begleiter, anstatt einem Gegner, der besiegt werden muss.
Was ist deine Motivation?
Überleg' mal, was deine Motivation beim Ausmisten, Organisieren und Aufräumen ist?
„Es soll ordentlich sein“ ist übrigens keine Motivation. Die liegt tiefer.
Also anstatt zu sagen, dass die Küche ordentlich sein soll: Warum soll sie das sein? (Und davon mal abgesehen: Was heißt „ordentlich“ überhaupt?)
Möchtest du eine Küche, die dir Raum zum kreativen Kochen gibt?
Oder eine, die klar und einfach ist, damit die Mahlzeiten schnell auf den Tisch kommen?
Oder willst du, dass deine (Schwieger-)mutter oder die Nachbarn nicht schlecht über dich denken?
Oder gibt es einen ganz anderen Grund?
Ordnung ist keine Motivation
Die Ordnung an sich ist also keine Motivation. Die Motivation ist der Wunsch bzw. das Bedürfnis, was dahinter steht.
Das Bedürfnis nach Sicherheit, nach Entspannung, nach Zusammenhalt, nach Anerkennung oder nach anderen grundlegenden Gefühlen. Wenn sich das für dich gut und passend anfühlt, ist alles gut – du hast deine Motivation gefunden.
„Falsche“ Motivation
Wenn es sich aber falsch anfühlt – vielleicht weil dir irgendwie selber klar ist, dass es Quatsch ist, dein Zuhause so zu gestalten, dass es anderen Leuten gefällt – dann darfst du auch tiefer graben, indem du immer weiter „Warum denke ich das?“ fragst.
So landest du schnell bei deinen Glaubenssätzen, die jeden von uns im Leben begleiten, die dir helfen, dich aber auch blockieren können. Das ist ein Thema, was im Detail zu weit geht für diesen Beitrag.
Dein Warum greifbar machen
Wenn du jetzt weißt, was deine Motivation hinter dem Wunsch nach Ordnung ist, kannst du wieder an konkrete Ziele und Aufgaben denken.
Du möchtest dich morgens schnell und unkompliziert anziehen? Dann brauchst du Kleidung, die sich gut kombinieren lässt. Dein Ziel könnte es sein, nur Kleidungsstücke zu haben, mit denen du mindestens 5 Outfits zusammenstellen kannst. Das so festzulegen hilft dir jetzt beim Aussortieren und dauerhaft als Entscheidungshilfe beim Einkaufen. Lässt sich ein Teil nicht Sachen kombinieren, die du schon hast, bleibt es im Laden.
Du magst Mode und möchtest deine Schätze optimal aufbewahren und präsentieren? Dann könnte es dein Ziel sein, deinen Kleiderschrank so umzugestalten, dass das möglich ist und auch, die Menge so zu reduzieren, dass die verbleibenden Teile genug Raum haben. Auch das hilft dir dauerhaft bei jedem neuen Einkauf.
Aufgaben mit deinem Warum erledigen
Je greifbarer du auf diese Weise deine Motivation machst, umso einfacher wirst du daraus Aufgaben zu machen, die du umsetzen kannst. Mit diesen einzelnen Aufgaben kannst du dann natürlich mal fertig sein.
Fertig mit Aufräumen bist du aber trotzdem nur bis zum nächsten Einkauf. Aber es geht dir auch nicht mehr darum, endlich die Ziellinie zu überqueren um dich dann auf dem Erfolg auszuruhen. Stattdessen weißt du, dass dein Warum dich bei allen künftigen Entscheidungen begleitet, egal wie schnell oder langsam du Aufgaben erfüllst oder ob du mal vom Weg abkommst.
Dieser Beitrag wurde am 24.02.2024 überarbeitet.
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